Die 13. Klassen der Staatlichen Fach- und Berufsoberschule Pfarrkirchen besuchten im Rahmen des Deutschunterrichts in diesem Schuljahr das Münchner Volkstheater, wo eine moderne Fassung des Stücks „Der Besuch der alten Dame“ von Friedrich Dürrenmatt – mit dem Zusatz „Auftritt der Enkelin“ im Untertitel – aufgeführt wurde. Die schicksalhafte Geschichte der Claire Zachanassian, die von den Bewohnern der hoch verschuldeten Stadt Güllen längst erfolgreich verdrängt wurde, wird durch eine Konzertreise ihrer Enkelin der Vergessenheit entrissen und in die heute dort lebende Generation transportiert. Die Regisseurin Sapir Heller geht in ihrer Adaption des Stückes der Frage nach Schuld, Gerechtigkeit, Gier und der universellen Manipulation der Masse nach – schließlich fallen auch die letzten Instanzen der Moral, im Stück verkörpert durch die Figuren des vermeintlich humanistisch geprägten Lehrers und des äußerlich und charakterlich deformierten Pfarrers. Die schauspielerische Leistung sowie Videoinstallationen, eine vertikal und horizontal bewegliche Bühne mit einer Baumkrone, die sich später als die Hörner eines überdimensionalen Ziegenschädels entpuppt, und der gezielte Einsatz ganz weniger Requisiten lassen Figuren und Zuschauer gleichermaßen straucheln und ziehen sie in einen bedrohlichen Strudel. Das den Güllenern eigene Lebensmotto „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen“ erweist sich dabei als wenig förderlich, führt es diese doch am Ende sogar in die Kollektivschuld, die durch Gier und Verblendung hervorgerufen wird. Zu Recht gab es am Ende langen Applaus und viel Gesprächsstoff unter den Schülerinnen und Schülern auf der Rückfahrt mit dem Bus nach Pfarrkirchen.
Stefan Goldbrunner, OStR
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